Wie gelingt dir bei diesem Sport der Spagat zwischen Privat- und Berufsleben?
Ich bin verheiratet und Familienvater von zwei Kindern bin. Meine Tochter geht in die Schule und mein Sohn noch in die Kita. Da habe ich einiges zu kombinieren, was ein gutes Zeitmanagement erfordert.
Meine Arbeit und die TK bieten mir aber eine super Möglichkeit, das Ganze in Balance zu halten. Wir haben eine wöchentliche Arbeitszeit von 35,5 Stunden und diese kann ich zusätzlich noch recht flexibel gestalten. Selbstverständlich habe ich meine festen Termine auf Arbeit, jedoch geht es auch mal, dass ich mich für eine längere Mittagspause rausnehme und später weiterarbeite. Diese Pause nutze ich dann schon hin und wieder mal für ein Läufchen.
Meine Haupttrainingszeit liegt entweder in den frühen Morgenstunden, wenn die meisten noch im Bett liegen oder am Abend, wenn meine Kinder so langsam zu Bett gehen. Um das zu schaffen, muss man den inneren „Schweinehund“ gänzlich verbannen. Ich gehe auch im Winter um 21 Uhr bei Schneefall und Wind raus. Würde ich das nicht machen, dann würde ich meine Ziele, die vor allem Laufveranstaltungen sind, nicht erreichen. Das Ganze mache ich dann schon 5-mal die Woche.
Als Ziel nehme ich mir so zwei bis drei Hauptevents pro Jahr vor, wo es in die Alpen oder auch mal in andere Länder geht. Für die Vorbereitung suche ich mir dann immer noch ein paar regionale Veranstaltungen raus, auf denen ich mich dann ein wenig teste. Ein großer Vorteil meiner Reisen ist, dass ich innerhalb kurzer Zeit viel von der Umgebung erleben kann. Das motiviert natürlich zusätzlich.
Durch den Sport gehst du oft an deine körperlichen Grenzen. Wieso?
Ich bin der Überzeugung, dass wir uns nur weiter entwickeln können, wenn wir unsere Komfortzone verlassen und neue Erfahrungen sammeln. Ich lerne mich anders kennen. Sei es eine Situation im Job, in der man vorher noch nie gewesen ist oder eben der Lauf bei über 100 Kilometern. Ich erfahre, wie es ist, wenn der Kopf einem sagt, dass es nicht mehr weiter geht oder man das nicht mehr möchte, man sich dennoch fortbewegt und die Situation annimmt. Diese Stimme im Kopf, die einen zurück in die Komfortzone bringen möchte, muss überhört werden. Aus Erfahrungen werden dann nämlich Kenntnisse und daraus ein neuer Status quo, von dem aus ich mir einen neuen Lauf oder eben eine neue Aufgabe im Job suche.
Um mich Mental – Achtung Doppeldeutung: am Laufen zu halten – nutze ich ein Mantra, welches bei mir sehr gut funktioniert. Wenn es dann nämlich so richtig hart wird während des Ultra-Laufs, sage ich mir, dass ich genau für diesen Moment angetreten bin und ich diesen Moment, in dem es schwer wird, liebe. „Ich liebe, was ich tue“. Das hilft mir, einen Schritt nach dem anderen zu machen, weil es eben auch der Wahrheit entspricht.
Ich habe mich aber auch schon mal verletzt und musste aus einem Lauf aussteigen. Auch das gehört bei dem Sport dazu. Das ist eine andere Grenze, die man nicht überwinden sollte. Ich möchte am Ende fit und gesund bleiben. Zusätzlich bewirkt so eine Erfahrung, dass man über seine Routine nachdenkt. Bei meiner Verletzung bin ich durch eine Unachtsamkeit heftig umgeknickt. Das ist passiert, weil ich mich nicht konzentriert habe. Das stärkt meinen Fokus für den nächsten Lauf und ist am Ende eine wichtige Erfahrung.