Ein Interview mit Nicole Krolikowski und Madalena Viegas
Die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist schon lange kein reines Frauenthema mehr. Die TK setzt sich aktiv dafür ein, dass sowohl für Frauen als auch für Männer Rahmen geschaffen werden, um gleichermaßen Familienverantwortung übernehmen zu können. Ein Interview mit Nicole Krolikowski, der Gleichstellungsbeauftragten der Unternehmenszentrale der TK und ihrer Stellvertreterin Madalena Viegas.
Innerhalb des Gleichstellungsplans der TK finden sich Instrumente zur Erreichung von Zielen und Maßnahmen für die Gleichberechtigung von Mitarbeitenden der TK. Dazu zählen zum Beispiel die Überwindung von Hürden bei der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an Führungspositionen, das Führen in Teilzeit, die Möglichkeit zum Jobsharing , flexible Teilzeitmöglichkeiten oder die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege für Frauen und Männer.
Wie nehmen Sie die Entwicklung der Haltung von Männern und Frauen zum Thema Familienverantwortung wahr?
Nicole: Der große Change hat hier noch nicht stattgefunden. Viele Männer nehmen noch immer die Mindestzeit an Elternzeit von zwei Monaten. Diese werden oftmals für Urlaube und Reisen genutzt. Die fortlaufende Care-Arbeit liegt meist weiterhin bei den Frauen. Aber wir merken sowohl in Deutschland als auch in der TK, dass ein Aufbrechen von Stereotypen stattfindet.
Madalena: Das Mindset vieler Männer ändert sich bzw. gibt es heute nun auch Rahmen, anders denken zu können. Im Sinne dessen, was auch sie wirklich möchten. Sie wollen nicht nur der Versorger der Familie sein, was sie vielleicht historisch gesehen lange sein mussten. Sie wollen mitmachen. Mithelfen. Mitwirken. Wir befinden uns in einer Zeit, in der es neue Vorbilder braucht. Männer, die sich trauen Care-Arbeit zu übernehmen, ob für den Nachwuchs oder auch innerhalb der familiären Pflege. Sie wollen dies leisten und wir schaffen Rahmenbedingungen.
Wie kam es zur Gründung des Väternetzwerkes?
Nicole: Seit einigen Jahren bieten wir innerhalb der TK die Veranstaltungsreihe „Lasst uns reden“. Hier laden wir externe Gäste ein und sprechen ganz offen über die verschiedensten Dinge, die uns gesellschaftlich und persönlich alle betreffen. Zum Beispiel zu Themen, wie „Unconscious Bias“ oder auch „Jobsharing“. Ende 2022 gab es innerhalb der Reihe eine Veranstaltung zum Thema „Väter & Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Dies hatte eine so gute Resonanz, dass wir im Anschluss eine Plattform bieten wollten, den Kontakt und Austausch untereinander zu fördern. Es entstand das Väternetzwerk.
Wir möchten, dass es selbstverständlich wird, dass auch Väter in Elternzeit gehen oder in Teilzeit arbeiten. Dadurch wird es mehr Verständnis für Mitarbeitende geben – egal ob Frau oder Mann, egal ob Ausführungs- oder Führungsebene – die aufgrund familiärer Aufgaben nicht dauerhaft verfügbar sind. Väter sind der Schlüssel, damit Vereinbarkeitsmodelle für alle gelingen.
Wie findet der Austausch im Väternetzwerk statt?
Madalena: Nach der Veranstaltung sagte ein Teilnehmer zu mir „Das Kind wurde heute geboren. Das Väternetzwerk lässt es wachsen.“ Und genauso ist es. Das Väternetzwerk bietet (werdenden) Vätern einen geschützten Raum, in dem sich über Gedanken, Sorgen, Fragen in beruflichen und privaten Hinblick ausgetauscht werden kann. Wir stellen alle Informationen seitens der Gleichstellung und der TK zur Verfügung. Alle acht Wochen treffen wir uns (virtuell) und tauschen uns aus. Außerdem gibt es einen regelmäßigen Austausch untereinander über den Chat. Hier kann es vom Elterngeld, über Jobveränderungen bis hin zu Fragen der Ferienbetreuung der Kinder gehen. Zudem fördert das Netzwerk auch die Vernetzung innerhalb der TK. Es werden bereichsübergreifend Kontakte geschlossen, die sich im privaten und beruflichen positiv auswirken.
Warum ist die Vernetzung von Vätern und die Sichtbarkeit von Care-Arbeit für Männer und Frauen eurer Ansicht nach so wichtig?
Madalena: Wir erleben immer wieder, dass das Verständnis wächst, wenn man Care-Arbeit aufteilt. Das Verständnis für die Arbeit in der Familie und das Verständnis für die Arbeit im Job. Unabhängig der Geschlechter. Mit unserer Intention, Männern und Vätern einen besseren Rahmen zu bieten, um Care-Arbeit umsetzen zu können, wächst ihr Verständnis für die Arbeit der Frau. Aus diesem Verständnis füreinander können Herausforderungen innerhalb unserer Ziele der Gleichstellung gemeistert werden.
Nicole: Wenn es beispielsweise gang und gäbe ist, dass Männer und Frauen sich die Elternzeit zu gleichen Teilen aufteilen, werden Arbeitgeber gar keine Chance mehr haben Frauen in Bewerbungsgesprächen oder in Karrierefragen zu benachteiligen, die einen Kinderwunsch haben. Denn es kann für den Mann genauso gelten, dass er eine Zeitlang von der Arbeit im Job aussetzt.
Wir möchten, dass es selbstverständlich wird, dass auch Väter in Elternzeit gehen oder in Teilzeit arbeiten.
Nicole Krolikowski, Gleichstellungsbeauftragte
Welche Modelle bietet die TK zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege?
Nicole: Natürlich die klassische Elternzeit. Diese kann man bei der TK sehr flexibel gestalten. Es gibt verschiedene Teilzeitmodelle, die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche bei Vollzeit oder weniger Tagen bei Teilzeit. Wir bieten flexible Arbeitszeiten und Gleitzeit und mit Flex Office nun auch die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten. Das erleichtert Müttern und Vätern die Vereinbarkeit enorm. Wir arbeiten derzeit an einem Kontakthalteprogramm für Kolleginnen und Kollegen in Elternzeit, damit wichtige Infos sowie Entwicklungsmöglichkeiten nicht an diesen vorbeigehen. Außerdem hat jedes Elternteil nach Rückkehr aus der Elternzeit einen Anspruch auf seine Position zurückzukommen. Das bietet enorme Sicherheit.
Madalena: Zudem gibt es bei der TK die Modelle Jobsharing und Führen in Teilzeit. So schließt das Elterndasein eine Führungsrolle nicht aus. Im Gegenteil: Wir sehen hier die vielen Vorteile. Als Eltern muss man organisieren, kommunizieren, Probleme lösen – Qualitäten, die auch im klassischen Berufsleben gefragt sind. In der Unternehmenszentrale in Hamburg bieten wir sogar ein Eltern-Kind-Zimmer. Wenn ins Büro gekommen werden muss, eine Betreuung jedoch nicht organisiert werden kann gibt es hier einen Arbeitsplatz mit Stillecke, Laufstall und vielem mehr. Dadurch entsteht die direkte Möglichkeit, auch im Büro seinem Job nachzugehen und das Kind mitzubringen.
Welche Rolle kommt den Führungskräften beim Thema Vereinbarkeit zu?
Nicole: Führungskräfte müssen beim Thema „Familie“ bestenfalls als Vorbilder fungieren, die Angst nehmen und Mitarbeitende ermuntern sowohl Familienaufgaben zu übernehmen aber auch Führungsaufgaben mit Familie zu übernehmen. Die Haltung ist hier extrem wichtig. Eine Offenheit der Führungskraft, macht es erst möglich, Angebote zu nutzen und individuelle Lösungen abzuleiten.
Wie kann man es nachhaltig schaffen, alte Rollenmuster aufzubrechen?
Nicole: Es ist ein gesellschaftliches Thema. Wir brauchen eine verlässliche Kinderbetreuung, Arbeitgeber, die die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf fördern und Frauen und Männer, die diese vielen Möglichkeiten nutzen und vorleben.
Madalena: Wir müssen verstehen, dass die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege kein Problem ist, sondern eine Wahrheit, die uns alle betrifft. Wir sind beim Thema „Familie“ auf Kinder angewiesen und beim Thema „Pflege“ wird bei dem akuten Pflegekräftemangel ein jeder von uns gefordert. In alten Mustern zu denken, werden wir uns langfristig nicht leisten können.
Und, es ist an der Regierung Maßstäbe zu setzen. 2024 werden 10 bezahlte Tage Vaterschaftsurlaub gleich an den Anschluss an die Geburt gesetzlich geregelt. Hier geht es in die richtige Richtung. Die Debatte um das Elterngeld ist für die Gleichstellung jedoch ein Schlag ins Gesicht. Hier gibt es noch viel Potential.
Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege ist schon lange kein Nice to Have mehr – sondern ein Must Have.
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